Brailledrucker

Brailledrucker (auch Brailleschriftdrucker, Blindenschriftdrucker oder Punktschriftdrucker) sind elektromechanische Geräte, die die tastbare Blindenschrift in dickeres Papier (Punktschriftpapier) stanzen. In Abgrenzung zur mit den Fingern zu lesenden Blindenschrift wird die mit den Augen zu lesende Schrift sehender Menschen als Schwarzschrift bezeichnet; entsprechend lassen sich die Brailledrucker den Schwarzschriftdruckern gegenüberstellen. Wie bei den Schwarzschriftdruckern, so werden auch bei Brailledruckern die auszugebenden Dokumente via Kabel oder Funk von einem Computer übertragen. Das Druckwerk eines Brailledruckers prägt die Punkte der Blindenschrift mit Hilfe exakt positionierter Nadeln bzw. „Hämmer“ ins Papier, wodurch dieses mechanisch stark beansprucht wird. Aus diesem Grund - und zusätzlich wegen der besseren Beständigkeit der Punkte auf stabilerem Papier - wird das im Vergleich zum Standard-Papier für Schwarzschriftdrucker merklich dickere Punktschriftpapier verwendet.

Im hierarchisch gegliederten Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Hilfsmittelverzeichnis) sind Brailledrucker in der Produktgruppe 07 Blindenhilfsmittel, Anwendungsort 07.99 ohne speziellen Anwendungsort/Zusätze, Untergruppe 07.99.07 Elektromechanische und elektronische Geräte zum Prägen von Brailleschrift in der Produktart 07.99.07.2 Elektromechanische und elektronische Brailledrucker gelistet.

Funktionsmerkmale

Brailledrucker gibt es für die verschiedensten Ansprüche und Einsatz-Szenarien. Dabei reicht die Spanne vom zusammenklappbaren, transportablen Tischgerät für Privatpersonen, die nur gelegentlich kurze Brailleschrifttexte einseitig ausdrucken möchten bis hin zu Großgeräten für Brailledruckereien mit mehreren, parallel ansteuerbaren Hochgeschwindigkeitsdruckwerken und angeflanschten Modulen für Schnitt-, Heft- und Bindearbeiten zur Produktion von Zeitschriften und Büchern in Blindenschrift. Im mittleren Preis- und Leistungs-Segment sind Brailledrucker für den Arbeitsplatz angesiedelt.

Grundsätzlich lassen sich bei Brailledruckern folgende Leistungs- bzw. Funktionsmerkmale unterscheiden:

  • Ein- oder Doppelseitendruck: Günstigere Brailledruckermodelle können Punktschriftpapier nur einseitig bedrucken. Druckwerke für den Doppelseitendruck müssen komplexer aufgebaut sein, da die Punkte auf der Blattvorder- und der Blattrückseite leicht gegeneinander versetzt geprägt werden müssen. Wenn nämlich ein Punkt in die Blattvorderseite gestanzt wird, entsteht auf der Rückseite an dieser Position eine Delle, und das Druckwerk darf nicht versuchen, genau an dieser Stelle von der Blattrückseite her ebenfalls einen Punkt zu prägen.
  • Verarbeitung von Einzelblättern oder Endlospapier: Mechanisch einfacher realisieren lässt sich der Blindenschriftdruck auf Endlospapier. In vollkommener Analogie zum klassischen Schwarzschrift-Nadeldruck auf Endlospapier, können dabei auch beim Drucken von Brailleschrift Stachelräder in die Randlochung des Papierstapels greifen und das Papier über einen Traktor kontinuierlich weitertransportieren. Die Konstruktion eines Einzelblatteinzugs für Blindenschriftpapier ist aufgrund von dessen höherer Dicke und höherem Eigengewicht nicht trivial.
  • Bedruckbare Papierformate: Aufgrund des notwendigen Punkt- und Zeichenabstands ist ein Blindenschriftzeichen sehr viel größer als ein gedrucktes Schwarzschriftzeichen (in der Schwarzschrift sind Zeichengrößen von 10 bis 12 pt üblich, ein Blindenschriftzeichen wäre umgerechnet etwa 29 pt groß). Während sich im privaten und beruflichen Schwarzschrift-Druck DIN A4 als Papierformat durchgesetzt hat, sind für Punktschriftpapier auch größere Formate gebräuchlich. Aufgrund der Bauform unterstützen jedoch nicht alle - insbesondere die kostengünstigeren Brailledruckermodelle - auch die größeren Punktschriftpapierformate.
  • Druckgeschwindigkeit: Das mechanische Prägen von Punkten im Blindenschriftbereich ist physikalisch aufwendiger als das Aufbringen von Tinte oder Toner bei Schwarzschriftdruckern. Deshalb erreichen Brailledrucker für den privat- und den Standard-Büroarbeitsplatzbereich bei weitem nicht die Druckgeschwindigkeiten von Schwarzschrift-Tintenstrahl- oder Laserdruckern. Meist liegen die Prägegeschwindigkeiten zwischen 13 und 30 Zeichen pro Sekunde, so dass das Bedrucken eines Punktschriftblattes mit maximal 30 Zeichen pro Zeile und etwa 28 Textzeilen zwischen 30 Sekunden und einer Minute in Anspruch nimmt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Punktschrifttext aufgrund des höheren Platzbedarfs der einzelnen Brailleschriftzeichen ungefähr dreimal so viele Seiten umfasst wie der identische Schwarzschrifttext.
  • Grafikfähigkeit: Bei Schwarzschriftdruckern ist das Ausdrucken von Grafiken und Bildern in hoher visueller Auflösung selbstverständlich. Brailledrucker sind primär zur Ausgabe von Text konzipiert. Zwischen den einzelnen Blindenschriftzeichen wird der besseren Fühlbarkeit halber ein kleiner Zusatzabstand eingefügt, so dass benachbarte Punkte zweier nebeneinanderliegender Brailleschriftzeichen weiter auseinanderliegen als benachbarte Punkte innerhalb desselben Zeichens. Zusätzlich wird zwischen den Punktschriftzeilen ein Abstand gelassen. Durch geschickte Aneinanderreihung von Blindenschriftzeichen ist es also alleine nicht möglich, eine sinnvoll interpretierbare Punktrastergrafik zu drucken. Zum Drucken einer aus Braillepunkten bestehenden tastbaren Rastergrafik müssen sämtliche Punkte denselben waagrechten und senkrechten Abstand voneinander haben, so dass es keine Zeichen- und Zeilengrenzen mehr gibt. Zu dieser Druckart sind jedoch nicht sämtliche Blindenschriftdrucker in der Lage. Selbst bei den „Punktraster-Grafikfähigen“ Brailledruckern ist zu unterscheiden, mit welchem Abstand die Grafik-Tastpunkte geprägt werden: Der Standard-Punktabstand im Literaturbrailledruck beträgt 2,5 Millimeter. Dieser Abstand im Grafikbereich führt zu einer recht geringen taktilen Auflösung von nur 4 Punkten pro Zentimeter (etwa 10 Punkte pro Zoll). Im Schwarzschriftdruck, wo mit visuellen Auflösungen von bis zu 1200 Punkten pro Zoll gearbeitet wird, lassen sich also ungleich höhere Auflösungen erreichen. Auch im Brailledruckbereich gibt es Drucker, die eine taktile Auflösung von bis zu 25 Punkten pro Zoll erreichen.
  • Schwarzschriftdruckfähigkeit: Einige wenige Brailledruckermodelle verfügen über ein zusätzliches Druckwerk für Schwarzschrift. Beispielsweise für den inklusiven Unterricht oder die Kommunikation mit sehenden Arbeitskollegen wird es dadurch möglich, dieselben Inhalte, die in Blindenschrift auf der Druckseite stehen, dort - bei Bedarf Zeilen- oder Zeichentreu - auch in Schwarzschrift für sehende Personen darzustellen.
  • Netzwerkfähigkeit: Muss der Brailledrucker an einen Lokalen PC angeschlossen sein oder ist er in der Lage, zu druckende Dokumente auch über ein Netzwerk zu empfangen.
  • Möglichkeit des kabellosen Dokumentenempfangs: Muss der Brailledrucker per Kabel mit einem Computer bzw. Netzwerk verbunden sein oder kann er auch über eine Funkverbindung via Bluetooth Dokumente und Druckbefehle empfangen. Bluetooth-fähige Brailledrucker lassen sich in der Regel auch über eine App bedienen, so dass der Blindenschriftdruck direkt über ein Smartphone oder Tablet möglich ist.
  • Einstellung von Druckparametern direkt über den Drucker oder nur mittels PC-Software: Bei vielen Brailledruckern lassen sich Druckparameter wie Seitenbreite, Blattlänge, Punktdruckstärke, Anzahl gewünschter Kopien usw. über ein Bedienfeld direkt am Drucker einstellen. Hierzu sind viele dieser Brailledruckermodelle mit einer integrierten Sprachausgabe ausgestattet, die den aktuellen Wert eines Parameters sowie die vorgenommenen Änderungen ansagt. Es gibt aber auch Modelle, bei denen die Bedientasten am Drucker eingespart sind und die Einstellung der Druckparameter über einen angeschlossenen Computer vorgenommen werden muss.
  • Geräuschentwicklung und Maßnahmen zur Schalldämmung: Das mechanische Prägen von Blindenschrift ist zwangsläufig mit einer gewissen Geräuschentwicklung verbunden. Mit zunehmender Druckgeschwindigkeit und bei Doppelseitendruck bzw. dem Bedrucken spezieller Materialien wie Plastikfolien steigt der Schallpegel an. Bei allen semiprofessionellen und professionellen Brailledruckern ist es - insbesondere in einem Mehrpersonenbüro - erforderlich, Maßnahmen zur Schalldämmung beim Punktschriftdruck zu ergreifen. Für die meisten Drucker sind deshalb Schallschluckschränke oder Schalldämmboxen verfügbar, in denen sie betrieben werden. In der Regel verfügen die Boxen und Schränke über Zusatzeinrichtungen zum Aufbewahren des noch unbedruckten und zum Stapeln des bereits bedruckten Papiers sowie zur Belüftung des Druckers, denn das mechanische Prägen führt - besonders beim Dauereinsatz - zu einer beachtlichen Wärmeentwicklung. Für Arbeitsplätze mit persönlichem oder fernmündlichem Kundenkontakt ist zu empfehlen, einen stark genutzten Brailledrucker in einem separaten Raum unterzubringen.

Abgrenzung zu ähnlichen Gerätetypen

Brailledruckern in der Funktion ähnlich sind elektromechanische bzw. elektronische Brailleschrift-Schreibmaschinen. Verfügen sie über einen internen Speicher und eine Anschlussmöglichkeit für einen Computer, können sie kürzere Texte ebenfalls ausdrucken. Elektronische Brailleschreibmaschinen haben eine im Vergleich zu Brailledruckern merklich geringere Druckgeschwindigkeit; Brailledrucker wiederum verfügen nicht über eine Blindenschrift-Eingabetastatur, sondern empfangen die zu druckenden Dokumente stets von einem Computergerät oder einem Netzwerk.

Elektromechanische Braille-Labeler sind Geräte, die Braillebeschriftungen auf spezielle Etiketten oder Beschriftungsbänder drucken. Größere Papierformate können von diesen Geräten allerdings nicht verarbeitet werden.

Vorbereitung der Dokumente

Aus drei Gründen ist es nicht sinnvoll, ein elektronisches Dokument „unvorbereitet und einfach so“ in Blindenschrift auszudrucken:

  1. Wegen der Größe eines Blindenschriftzeichens passen - je nach Papierbreite - nur etwa 30 bis 40 Zeichen in eine Zeile und nur maximal 29 Zeilen auf eine Seite. Man kann also davon ausgehen, dass eine Brailleseite Platz für knapp 1000 Zeichen bietet. Bei einer Schwarzschriftseite, die wesentlich mehr Zeichen pro Zeile und Zeilen pro Seite abbilden kann, sind es rund 3000 Zeichen - also die dreifache Menge an Text. Dokumentautoren konzipieren ihre Texte layouttechnisch selbstverständlich eher für Schwarzschriftdrucker, und auch die Programme selbst kalkulieren natürlich mit dem „Fassungsvermögen“ einer Schwarzschrift- und nicht der Kapazität einer Brailleschriftseite. Insbesondere breite Tabellen müssen vor dem Ausdruck in Blindenschrift umformatiert werden. Aus diesem und vielen weiteren Gründen käme es zu unschönen Verzerrungen, würde man elektronische Dokumente ohne Anpassung der Zeilen- und Seitenaufteilung in Punktschrift ausdrucken.
  2. In der Blindenschrift sind viele Gestaltungsmöglichkeiten der Schwarzschrift wie etwa der Gebrauch unterschiedlicher Schriftarten, Schriftgrößen, Schriftfarben und Schriftattribute wie Unterstreichung oder Fettdruck schlicht nicht umsetzbar: Größe und Abstand der Braillepunkte sind normiert, verschiedene Punkthöhen wären durch den alltäglichen Verschleiß der Punkte beim Lesen und Lagern des Brailleschriftpapiers nicht zuverlässig unterscheidbar und unterschiedliche Querschnitte (Formen) der Punkte könnten vom Leser bei einer gebrauchstauglichen Tastgeschwindigkeit beim Lesen nicht wahrgenommen werden. Die Vielfalt der in Schwarzschrift verfügbaren Textkennzeichnungsmöglichkeiten muss auf einige wenige Textkennzeichnungsmerkmale in der Blindenschrift abgebildet werden. Auch dies erfordert oft einen planerischen Eingriff in das Dokument, bevor es in Braille ausgedruckt wird.
  3. Um den Platzbedarf in Braille zu reduzieren, gibt es schriftverkürzende Blindenschriftsystematiken, bei denen Lautgruppen wie „sch“, Silben wie „heit“ oder ganze Wörter durch ein oder zwei Braillezeichen repräsentiert werden. Nur wenige Drucker beherrschen von sich aus die Umsetzung elektronischer Texte in diese Blindenkurzschrift. Im Allgemeinen muss diese Umsetzung als separater Schritt mit Hilfe einer speziellen Brailleschriftübersetzungssoftware am Computer durchgeführt werden.

Als Fazit lässt sich sagen, dass nur einfache Texte ohne manuelle Eingriffe vollautomatisch mit Hilfe von Software in Blindenschrift umgesetzt werden können. Bei längeren und komplexeren Dokumenten ist die Hilfe durch einen punktschrift-geübten Umsetzer erforderlich. Selbstverständlich kann der blinde Arbeitnehmer selbst die entsprechenden Kompetenzen im Rahmen von technischen Einweisungen, EDV-Schulungen und durch Praxiserfahrung erwerben.

Punktschriftdruck in der Praxis

Einmal installiert und eingerichtet, stehen Schwarzschriftdrucker in jedem druckfähigen Anwendungsprogramm eines Computers zur Verfügung. Ohne dass Anwender Dokumente oder den Drucker selbst technisch vorbereiten müssen, kann jede Datei auf Knopfdruck in Schwarzschrift gedruckt werden. Möglich wird dies durch genormte Druckerbefehlssprachen wie die PCL (Printer Command Language) oder die Seitenbeschreibungssprachen Postscript bzw. das PDF = Portable Document Format. Diese garantieren die „gegenseitige Verständigung“ zwischen einem Computer und einem Drucker.

Im Gegensatz dazu sind nur wenige Brailledrucker in der Lage, über diese und weitere, teils betriebssystemabhängige technische Standards (wie etwa GDI =(Graphics Device Interface unter Microsoft Windows) mit einem Computer zu kommunizieren. In der Regel müssen Druckparameter wie die Seitenbreite, die Blattlänge und vieles Mehr im Vorhinein vom Benutzer über ein Bedienfeld am Drucker eingestellt werden.

Punktschriftpapier ist dicker, schwerer und unflexibler als Schwarzschriftpapier. Deshalb sollte bei Längeren Druckvorgängen regelmäßig kontrolliert werden, ob der Brailledrucker das noch leere Papier korrekt einzieht, die gerade gedruckte Seite korrekt transportiert und ob sich die bereits bedruckten Blätter korrekt stapeln. Knicke im fehlerhaft gefalteten bedruckten Papierstapel machen das Ertasten der Punkte schwierig, und ein Papierstau im Gerät verzögert den ohnehin im Vergleich zur Herstellung von Schwarzschrift-Papierdokumenten zeitintensiveren Druckvorgang.

Bei längeren Brailledrucken gilt es also, den Drucker niemals vollkommen unbeobachtet zu lassen.

Kostenübernahme

Die Kosten eines Brailledruckers für den privaten Gebrauch werden nur in Ausnahmefällen von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen. Für die Verwendung in Schule und Ausbildung können ggf. Sozialhilfeträger Kosten übernehmen. Die Finanzierung eines Brailledruckers im Rahmen einer Arbeitsplatzausstattung übernimmt bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gem. §49 SGB IX der jeweilige Rehabilitationsträger (Kostenträger), bei begleitender Hilfe im Arbeitsleben gem. §185 SGB IX in der Regel das Integrationsamt.

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