Gesichtsfeld

Das Gesichtsfeld ist derjenige Umweltausschnitt, den ein Lebewesen bei unbewegten Augen (Geradeausblick bei gerade gehaltenem Kopf) wahrzunehmen imstande ist. Größe und Form sind einerseits abhängig von den Lichtverhältnissen, andererseits von anatomischen Gegebenheiten wie der Nase, den Augenbrauen und den Wangenknochen. Eine Person mit tiefliegenden Augen verfügt also über ein etwas kleineres Gesichtsfeld. Das Gesichtsfeld eines einzelnen Auges wird als monokulares Gesichtsfeld, das Gesichtsfeld beider Augen zusammen als binokulares Gesichtsfeld bezeichnet. Die Gesichtsfeldmessung im Rahmen einer augenärztlichen Untersuchung wird Perimetrie genannt. Derjenige Umweltausschnitt, den ein Lebewesen bei unbewegtem Kopf mit Hilfe von Augenbewegungen wahrnehmen kann, ist das Blickfeld. So ist das Gesichtsfeld immer ein (zentraler) Ausschnitt des Blickfelds!

Form und Größe

Die Fähigkeit des Auges, einer Person einen - wenn auch eingeschränkten Rundblick zu ermöglichen legt es nahe, Größe und Ausdehnung des Gesichtsfelds in Winkelgrad zu messen. Ein Vollkreis (eine ganze Umdrehung) umfasst dabei 360 Grad.

Das einäugige (monokulare) Gesichtsfeld eines Menschen hat ungefähr die Form einer liegenden Ellipse. Der Bereich des Scharfen Sehens (die Netzhautmitte, Makula) liegt jedoch nicht im Zentrum dieser Ellipse, sondern ist leicht nasenwärts verschoben: Von seiner Mitte aus Richtung Nase beträgt die waagrechte Ausdehnung des monokularen Gesichtsfelds etwa 60 Grad, von der Mitte bis zum schläfennah gelegenen äußeren Punkt beträgt die waagrechte Ausdehnung etwa 100 Grad. Nach oben hin beträgt die Ausdehnung ungefähr 60 Grad (wie die Nase nach innen, so schränken die Augenbrauen nach oben das Gesichtsfeld leicht ein). Nach unten hin beträgt die Ausdehnung 70 bis 80 Grad. Als zentrales Gesichtsfeld wird der kreisförmige Bereich mit einer Ausdehnung von 20 Grad rund um den Punkt des schärfsten Sehens bezeichnet. Die Außenregionen gelten als peripheres Gesichtsfeld.

Die beiden monokularen Gesichtsfelder überlappen sich horizontal-mittig zum großen Teil. Deshalb ist das binokulare Gesichtsfeld nicht 2 X 160 Grad sondern nur etwa 200 Grad Breit. Der Überlappungsbereich der beiden monokularen Gesichtsfelder heißt binokulares Deckfeld. Ein großes binokulares Deckfeld ist geeignet, einen möglichst großen Umweltausschnitt beim Geradeausblicken scharf und räumlich zu sehen. Fluchttiere wie Kaninchen hingegen müssen ihr Umfeld effizient auf Bewegung absuchen können. Ihre Augen sitzen weiter seitlich am Schädel - sie können zugunsten eines breiten Gesichtsfelds auf ein ausgeprägtes binokulares Deckfeld verzichten.

Beim Anblicken eines Objekts bildet sich das zentrale Gesichtsfeld auf eher mittig gelegenen Regionen der Netzhaut ab. Dort stehen die für das Sehen von Details und Farben verantwortlichen Sehzellen, die Zapfen besonders dicht. Sehschärfe und Farbtüchtigkeit nehmen also auf natürliche Weise zu den Randbereichen des Gesichtsfelds hin ab. Die Außenbereiche der Netzhaut sind nur von den für das Hell-Dunkel- und Bewegungssehen bei Dämmerung zuständigen Sehzellen, den Stäbchen besiedelt. Menschen sind deshalb am Rande ihres Gesichtsfelds farbenblind.

Das binokulare Blickfeld eines Menschen ist Richtung Schläfe um etwa 60 Grad zu jeder Seite hin breiter als das Gesichtsfeld und sowohl nach oben als auch nach unten Hin um je etwa 40 Grad höher.

Einschränkungen und Ausfälle

Jegliche Einschränkung des Gesichtsfelds wird als Gesichtsfelddefekt bezeichnet. Gesichtsfelddefekte lassen sich anhand von vier Eigenschaften klassifizieren:

  1. Form und Ausdehnung: Ein räumlich Eng umgrenzter Gesichtsfelddefekt wird Skotom genannt; befindet er sich im zentralen Gesichtsfeld, spricht man von einem Zentralskotom. Bei vielen Formen der Retinitis pigmentosa (RP) fällt das gesamte äußere Gesichtsfeld aus. Dies wird als Ringskotom bezeichnet. Anhand der beiden Mittelachsen lässt sich das Gesichtsfeld in Viertel (Quadranten) einteilen. Ein Gesichtsfelddefekt, der einen ganzen Quadranten umfasst und meist von einem Schlaganfall herrührt, wird Quadrantenanopsie genannt. Es kann jedoch sogar zu einem Halbseitenausfall kommen, der fachsprachlich als Hemianopsie bezeichnet wird.
  2. Entstehungsort: Netzhautbedingte Gesichtsfelddefekte lassen sich auf Augenerkrankungen wie die diabetische Retinopathie oder eine der vielen Formen der Netzhautdystrophien zurückführen. Sehnervbedingte Gesichtsfeldausfälle werden beispielsweise durch einen grünen Star hervorgerufen. Hirnbedingte (zerebrale) Gesichtsfelddefekte sind in der Regel Folge eines Schlaganfalls oder Hirntraumas.
  3. Bewusstheit und Seheindruck: Ein völlig natürliches Zentralskotom ist der sogenannte blinde Fleck, also die Stelle im Auge, an der der Sehnerv durch ein Loch in der knöchernen Augenhöhle Richtung Gehirn zieht und wo sich selbstverständlich keine Lichtsinneszellen befinden können. Des blinden Flecks ist man sich im Alltag nicht bewusst - man muss ihn im Gegenteil durch gezielte Versuchsanordnungen „sichtbar“ machen. Dies liegt daran, dass der blinde Fleck selbst keinen aktiven Seheindruck wie etwa ein „Loch“ hervorruft und dass das Gehirn den Ausfall „wegrechnet“. Auf diese Weise gleicht es den Defekt im besten Fall aus, oder aber - wenn eine vollständige Kompensation nicht möglich ist - „gaukelt“ es an den entsprechenden Stellen im Gesichtsfeld plausible Umweltausschnitte vor. So bleibt etwa ein grüner Star vom Betroffenen trotz fortschreitender Gesichtsfelddefekte lange unentdeckt, weil das Gehirn die Skotome mit passenden Ausschnitten des Bildhintergrunds (Boden, Landschaft, Himmel) ausfüllt. Im Gegensatz dazu wird jedoch die Tatsache, dass die Nase nach „unten innen“ das Gesichtsfeld einschränkt, sehr wohl bewusst wahrgenommen. Auch können bei Erkrankungen wie etwa der Migräne vorübergehende Gesichtsfeldausfälle auftreten, die zu einem Flimmern an der entsprechenden Stelle führen (Flimmerskotome). Skotome, die einen Seheindruck auslösen und die sich dadurch ins Bewusstsein bringen, werden als Positivskotome bezeichnet, unbewusste Skotome ohne eigene Reizverursachung wie etwa der blinde Fleck gelten als Negativskotome.
  4. Seheinschränkung oder Sehausfall: Ist im Bereich der Gesichtsfeldeinschränkung noch eine visuelle Restwahrnehmung möglich, wird von einem relativen Gesichtsfelddefekt gesprochen. Ist an der betreffenden Stelle keinerlei Sehen mehr möglich, gilt der Defekt als absolut.

Der blinde Fleck lässt sich somit als netzhautbedingtes, negatives Absolutskotom klassifizieren.

Perimetrie und ihre Übertragbarkeit in den Alltag

Die Gesichtsfeldmessung durch qualifiziertes Fachpersonal wird Perimetrie genannt. Die untersuchte Person darf dabei weder Kopf noch Augen bewegen. Dann werden leuchtpunkte definierter Helligkeit von außen nach innen ins Gesichtsfeld gebracht. Sobald der Punkt entdeckt wird, quittiert die untersuchte Person dies - etwa durch Drücken einer Taste.

An dieser Art von Gesichtsfeldmessung lässt sich kritisieren, dass die verwendeten Lichtpunkte recht langsam bewegt werden, so dass evtl. die Größe des Gesichtsfelds unterschätzt wird, weil die Untersuchte Person vielleicht sehr wohl in der Lage wäre, mit den Randbereichen ihres Gesichtsfelds schnellere Bewegungen besser zu erfassen. Andererseits lässt sich mit Hilfe von Punkten nicht prüfen, ob in den äußeren Gesichtsfeldbereichen bereits eine Formerkennung möglich ist.