Vergrößerungssoftware

Version vom 12. August 2019, 23:41 Uhr von NadigO (Diskussion | Beiträge)
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Eine Vergrößerungssoftware (auch Bildschirmvergrößerung, Bildschirmvergrößerungssoftware, Großschrift oder Großschriftsoftware; englisch: Screen Magnifier) stellt das Anzeigebild eines Computermonitors bzw. Laptop-, Smartphone- oder Tablet-Displays in einer für sehbehinderte Menschen geeigneten Form dar. Dabei ist die vergrößerte Wiedergabe in einer aus einem breiten Spektrum wählbaren Zoom-Stufe die wichtigste, aber bei Weitem nicht die einzige Funktion des Programms. An einem Computer- oder Laptop-Arbeitsplatz erfolgt die Ausgabe über einen dem Sehvermögen des Anwenders und dem Einsatzzweck individuell angepassten handelsüblichen Monitor, der zur Verbesserung der Arbeitsergonomie in der Regel auf einem Schwenkarm montiert ist; am Smartphone oder Tablet arbeitet die Vergrößerungs-App mit dem geräte-eigenen Display. Die Vergrößerungssoftware ermöglicht eine pixelweise Vergrößerung des ursprünglichen Monitorbildes und bietet eine Reihe zusätzlicher Funktionen, um die Qualität der vergrößerten Darstellung zu verbessern und die Bedienbarkeit zu erleichtern.

Ohne laufendes Vergrößerungsprogramm wird einer Person mit starker Sehbehinderung das Arbeiten mit einem IT-System erheblich erschwert oder gar unmöglich. Darum sollte die Vergrößerungssoftware:

  • Beim Einschalten bzw. Hochfahren eines Systems zu den ersten Programmen gehören, die automatisch gestartet werden, damit sehbehinderte Anwender Anmeldevorgänge selbständig ausführen und auf eventuelle Fehlermeldungen beim Start reagieren können;
  • im laufenden Betrieb mittels Selbstüberwachung ihr einwandfreies Funktionieren sicherstellen sowie sich ggf. bei einem drohenden Programmabsturz selbst neu starten,
  • beim Ausschalten bzw. Herunterfahren des Systems dafür sorgen, dass sie möglichst als letzte Anwendung beendet wird, damit sehbehinderte Nutzerinnen und Nutzer eventuelle Speicher-Rückfragen anderer Programme noch unter Einsatz aller Vergrößerungsfunktionen beantworten können.

Im hierarchisch gegliederten Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Hilfsmittelverzeichnis) ist Vergrößerungssoftware nicht gelistet.

Leistungsmerkmale

  • Bei Vergrößerungssoftware für den PC lassen sich sämtliche Programmfunktionen sowohl über die grafische Oberfläche der Vergrößerungssoftware mit Hilfe der Maus, als auch über Tastaturkommandos ausführen.
  • Der Vergrößerungsfaktor (die Zoom-Stufe) kann in der Regel zwischen 1 (Originalgröße) und 36-fach eingestellt werden. Gerade bei Vergrößerungen zwischen 1,25- und 3-Fach ist der Zoomfaktor in sehr kleinen Schritten wählbar. Bei der Einstellung hoher Vergrößerungen ist zu bedenken, dass die Größe des darstellbaren Bildschirmausschnitts quadratisch mit der eingestellten Zoom-Stufe schrumpft: Bereits bei einer nur zweifachen Vergrößerung kann lediglich noch ein Viertel des Originalbildschirminhalts dargestellt werden, da sich die Vergrößerung gleichzeitig in die Breite und die Höhe des Bildschirms auswirkt. Bei einer sechsfachen Vergrößerung wird nur noch ein Sechsunddreißigstel (das sind weniger als 3 %!) des Originalbildschirminhalts wiedergegeben. Benötigt eine sehbehinderte Person für die dauerhafte Bildschirmarbeit eine hohe Vergrößerungsstufe, sollte über einen Umstieg auf Mischtechniken, also den kombinierten Einsatz von Bildschirm und Sprachausgabe sowie der Computersteuerung nicht mehr mit Hilfe der Maus sondern rein über die Tastatur nachgedacht werden. Zu bedenken ist grundsätzlich, dass der benötigte Vergrößerungsfaktor abhängig vom Sehabstand, der gewählten Bildschirmauflösung und der Einstellung der Systemschriftarten ist.
  • Um unerwünschte Effekte bei der vergrößerten Darstellung von Schrift zu vermeiden, werden spezielle Verfahren zur Kantenglättung oder eigene hoch skalierbare Schriften eingesetzt.
  • Um Blendungsfreiheit und einen optimalen Lesekontrast zu ermöglichen, bietet die Software eine freie Wahl der Vorder- und der Hintergrundfarbe an.
  • Für besonders blendungsempfindliche Anwender ist die sogenannte Farbinvertierung für die Darstellung von Text wichtig. Dabei werden Textvorder- und Hintergrundfarbe vertauscht, damit bei Bedarf der Hintergrund dunkler als der Vordergrund ist.
  • Diejenige Stelle am Bildschirm, an der Benutzer Eingaben machen oder Aktionen ausführen, wird Fokus genannt. Dabei kann es am Bildschirm durchaus mehrere Foci gleichzeitig geben, wenn etwa die Schreibmarke in einem Textverarbeitungsprogramm an einer bestimmten Stelle steht, der Mauszeiger jedoch an einer Anderen. Vergrößerungsprogramme bieten eine stabile Fokusverfolgung, was besonders wichtig ist, wenn Mauszeiger oder Schreibcursor den dargestellten Bildschirmausschnitt verlassen. Durch Lauf- und Schwenkbewegungen ist es jederzeit möglich, den dargestellten Bildschirmbereich auch fokusunabhängig zu verschieben.
  • Um Mauszeiger, Systemfokus und die Schreibmarke schneller auffinden zu können, bieten Vergrößerungsprogramme an, die Fokusdarstellung besonders auffällig zu gestalten (Fokusverstärkung).
  • In speziellen Einfrierfenstern können Bildschirmpositionen, die eigentlich nicht im dargestellten Anzeigebereich liegen, trotzdem dort dargestellt und so überwacht werden.
  • Der Inhalt von Dokumenten kann in Form einzeiliger Laufschrift dargestellt werden, deren Laufgeschwindigkeit dynamisch angepasst werden kann. Dies erleichtert vielen Anwendern das Lesen längerer Dokumente.

Die Integration anderer Ausgabemedien

  • Damit sich stark sehbehinderte Menschen bezüglich des genutzten Ausgabemediums nicht für ein „entweder Bildschirm oder Sprachausgabe“ entscheiden müssen, gibt es Bildschirmvergrößerungssoftware mit integrierten Vorlesefunktionen oder sogar vollwertigen Sprachausgaben. Dadurch vereinen diese Programme die Funktionalitäten einer Bildschirmvergrößerung und eines Screenreaders. Auch die Kombination aller drei Ausgabemedien - Großschrift, Sprachausgabe und Braillezeile wird angeboten.

Unterschiede zu einfacher Lupensoftware

Die meisten PC-Betriebssysteme verfügen mittlerweile über eine integrierte Zoomfunktionalität, so zum Beispiel Microsoft Windows über die Windows-Lupe. Deshalb ist es wichtig, die Unterschiede zwischen einer Lupensoftware und einer professionellen Vergrößerungssoftware zu kennen:

  • Lupensoftware bietet weder Kantenglättung noch Schriftersetzung,
  • die Fokus- bzw. Cursorverfolgung bei Lupensoftware ist weniger ausgereift und stabil,
  • Lupensoftware bietet keine Fokus- bzw. Cursorverstärkung,
  • Lupensoftware stellt keine individuellen Farbschemata zur Verfügung.

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