Assistive Technologie

Grundsätzlich ist eine assistive Technologie (auch assistierende Technologie; englisch: assistive technology) entweder ein Gerät (ein Stück Hardware), ein Programm (eine Software) oder eine bauliche Gegebenheit, die einer Person mit einer - dauerhaften oder vorübergehenden - sensorischen, motorischen, geistigen oder psychischen Einschränkung das Ausführen einer Tätigkeit erleichtert oder gar erst ermöglicht. Im Vorliegenden Zusammenhang wird der Begriff der assistiven Technologie auf den Personenkreis sehbehinderter und blinder Menschen bezogen. Dabei wird der zunächst vielleicht etwas umständlich anmutende Ausdruck „assistive Technologie“ bewusst als Ersatz für die vermutlich gebräuchlicheren Bezeichnungen „Blindenhilfsmittel“ bzw. „Sehbehindertenhilfsmittel“ verwendet, da sich die Vorstellung eines „Hilfsmittels“ in der Regel auf einen Gegenstand wie eine Krücke, einen Rollstuhl oder einen Blindenlangstock beschränkt ohne zu berücksichtigen, dass auch Computerprogramme und bauliche Gegebenheiten (etwa ein im Boden verbautes Blindenleitsystem oder ein Fahrstuhl mit Sprachausgabe) Rolle und Status eines „Hilfsmittels“ haben können. In diesem Zusammenhang können sogar Tiere wie beispielsweise ein Blindenführhund im übertragenen Sinn als „assistive Technologie“ betrachtet werden, weil Sie gesetzlich als Hilfsmittel anerkannt sind, weil die Kostenübernahmemöglichkeit durch z. B. Krankenkassen gegeben ist und sie in Leistungskatalogen wie etwa dem Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Hilfsmittelverzeichnis) aufgeführt werden.

Beispiele

Der nahezu flächendeckende Einsatz von Informationstechnologie in der Arbeitswelt und die fortschreitende Digitalisierung bringen es selbstverständlich mit sich, dass mit „assistiver Technologie“ häufig ein elektronisches Hilfsmittel oder eine „Hilfsmittelsoftware“ gemeint ist, die einem blinden oder sehbehinderten Menschen den Einsatz eines IT-Systems erleichtert oder grundsätzlich erst möglich macht. Ein Beispiel für eine solche assistive Technologie ist ein Screenreader, also eine Software, die Bildschirminhalte erfasst, aufbereitet und über blindenspezifische Ausgabemedien wie eine Sprachausgabe und eine Braillezeile zugänglich macht. Ohne Screenreader bliebe einer blinden Person der Inhalt eines Computer-, Smartphone- oder Tablet-PC-Bildschirms gänzlich verschlossen, und sie könnte die genannten IT-Systeme weder im privaten, noch im beruflichen Kontext einsetzen.

Als Beispiel für eine sehbehindertenspezifische assistive Technologie sei die Geräteklasse der Kameralesesysteme erwähnt. Kameralesesysteme bieten eine hohe Vergrößerung, können das Bild beim Vorliegen eines hohen Kontrastbedarfs, bei Blendungsempfindlichkeit oder einer Farbwahrnehmungsstörung in Falschfarben darstellen und sind gleichzeitig mobil und damit ortsunabhängig einsetzbar.

Klassifikation

Zur Erstellung von Übersichten, vor Allem aber im Zusammenhang mit Regelungen zur Übernahme der Hilfsmittelkosten durch einen Kostenträger, ist es notwendig, assistive Technologien zu klassifizieren. Das Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Hilfsmittelverzeichnis) beispielsweise verwendet ein vierstufiges, hierarchisch aufgebautes Klassifikationssystem:

  • Auf der obersten Hierarchiestufe finden sich Produktgruppen, die sich - alfabetisch sortiert - an Behandlungsstrategien bzw. den Bedürfnissen bestimmter Personengruppen orientieren. So finden sich sämtliche assistive Technologien für Menschen mit Blindheit in der Produktgruppe 07 Blindenhilfsmittel.
  • Die zweite Ebene bilden die sogenannten Anwendungsorte. Dabei handelt es sich entweder um Körperregionen / Körperteile des Menschen oder Umweltbereiche wie „Innenraum und Außenbereich/Straßenverkehr“. Da viele assistive Technologien für blinde Personen weder an einem bestimmten Körperteil angewendet werden, noch auf die Nutzung in festgelegten Umweltbereichen beschränkt sind, wurde der spezielle Anwendungsort 99 „ohne speziellen Anwendungsort/Zusätze“ aufgenommen.
  • auf der dritten Ebene finden sich die Untergruppen. Sie beschreiben entweder eine größere Geräteklasse oder einen enger umschriebenen Einsatzbereich. Beispiel: Untergruppe 07.99.04 Elektronische Systeme zur Informationsverarbeitung und Informationsausgabe für Blinde.
  • die vierte und damit unterste Hierarchie-Ebene stellen die Produktarten dar. Unter den „elektronischen Geräten zur Informationsverarbeitung und Informationsausgabe für Blinde“ finden sich als Produktart 0 beispielsweise die Blindennotizgeräte.

Beratung

sucht eine blinde bzw. sehbehinderte Person gezielt nach einer bestimmten assistiven Technologie oder steht im Rahmen einer individuellen Arbeitsplatzausstattung die Frage nach erforderlichen assistiven Technologien für den konkreten beruflichen Einsatz im Raum, empfiehlt sich eine Hilfsmittelberatung. Selbstverständlich führen Hersteller und Händler für assistive Technologie auch qualifizierte Beratung durch. Diese bietet naturgemäß vor Allem einen Überblick über die firmeneigenen Produkte. Anbieterübergreifende Beratungen zu assistiven Technologien werden von den Bildungseinrichtungen des Blinden- und Sehbehindertenwesens und von der Selbsthilfe angeboten. Eine entsprechende Anbieterliste ist das Verzeichnis von Hilfsmittelberatungsstellen.

Möglichkeiten der Kostenübernahme

Im Zusammenhang mit einer Arbeitsplatzausstattung werden assistive Technologien als Technische Arbeitshilfen bezeichnet. Je nach Situation - Dauer der Beschäftigung, Erst- oder Folgeversorgung - können die Kosten für assistive Technologien von den Agenturen für Arbeit, von Kreis-Jobcentern, von Versorgungs-/Integrationsämtern, von der Rentenversicherung oder von Berufsgenossenschaften übernommen werden.

Einweisung, Schulung, Training

Optimal auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittene assistive Technologien alleine bringen keinerlei Nutzen, wenn sie nicht gleichzeitig von den Anwender*innen auch optimal eingesetzt werden, um Aufgaben und Tätigkeiten mit möglichst hoher Effektivität auszuführen. Neben der Anschaffung einer assistiven Technologie muss deshalb bei Bedarf auch eine Einweisung bzw. eine Schulung in ihrem Gebrauch erfolgen. Die Erstversorgung mit einem Blindenlangstock beispielsweise ist nahezu immer mit einer Schulung in Orientierung und Mobilität verbunden. Gerade bei komplexen elektronischen assistiven Technologien wie einem Screenreader werden bei Weitem nicht sämtliche Funktionen im Rahmen der täglichen Arbeit eingesetzt. Der Wechsel des Arbeitsplatzes oder des Tätigkeitsbereiches kann deshalb eine Nach- oder Folgeschulung erforderlich machen. Spezielle Trainings am Arbeitsplatz vertiefen und verstetigen den Einsatz. Nur so entstehen effiziente Arbeitstechniken, die sehbehinderten und blinden Menschen eine anerkannte - und auch wettbewerbsfähige - berufliche Teilhabe ermöglichen.

Anbieter

Assistive Technologien - seien es Alltags-, Mobilitäts-, Arbeitsplatzhilfsmittel oder barrierefrei aufbereitete visuelle, akustische oder taktile Medien, werden in der Regel von spezialisierten Firmen entwickelt, hergestellt und vertrieben.

Die Liste der zahlreichen Anbieter wurde auf drei Verzeichnisse aufgeteilt: