Die ersten Schritte ...

Schritt 1: Sehbehinderung/Blindheit

Liegen eine diagnostizierte Augenerkrankung, Schwerbehindertenausweis und Grad der Behinderung vor? Das Wissen um eine Augenerkrankung ermöglicht eine Prognose zum Verlauf der Krankheit: Degenerativer Krankheitsprozess, weitere Verschlechterung.


Verdacht auf eine Sehbehinderung

Die Sehschärfe verändert sich häufig sukzessiv. Für die Betroffenen erscheint diese Veränderung häufig „normal und alltäglich“ und sie selbst erkennen nicht, dass eine Sehbehinderung vorliegt. Um diese Beeinträchtigung zu kompensieren, werden erfahrungsgemäß behelfsmäßige Hilfsmittel (z.B. Leselupen, Lesehilfen, …) angewandt, welche zu Überanstrengung der Augen und Kopfschmerzen führen können. Teilweise liegen Augenuntersuchungen bei den Betroffenen sehr lange zurück, so dass eventuelle Verschlechterungen nicht erkannt worden sind.

Empfehlung: Orthoptische Untersuchung


Status der Behinderungsbewältigung

Eine Verschlechterung des Sehvermögens oder eine Erblindung sind für die Betroffenen oftmals ein schwerwiegender Schicksalsschlag, welcher sich in allen Lebensbereichen auswirkt. Dies kann auf die Gesundheit sowie auf die emotionale und psychische Stabilität (Depressionen, Angststörungen etc.) Einfluss nehmen und somit eine Integration auf dem Arbeitsmarkt erschweren oder verhindern.

Empfehlung: Psychologische und pädagogische Unterstützung in Einzel- und Gruppensettings.


Schritt 2: Alltagsbewältigung

Selbstständigkeit

Ein zentrales Kriterium hinsichtlich der Beratung der Betroffenen ist die Fähigkeit, den Alltag bewältigen zu können. Gerade bei Betroffenen, die erst kürzlich unter einer Sehbeeinträchtigung leiden oder erblindet sind, werden alltägliche Dinge (Einkaufen, Haushalt, …) zu Herausforderungen oder Hindernissen, welche die Grundlage der Erwerbsfähigkeit bilden und zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gehören.


Mobilität

Die Wege zur Arbeit, zum Arzt oder zum Einkaufen sind notwendig zur Bewältigung des Alltags. Je nach Grad der Sehbehinderung sind Fähigkeiten, wie der Umgang mit dem Blindenstock, Orientierungspunkte, taktile Pläne und die Nutzung der Öffentlichen Verkehrsmittel sehr wichtig und erfordern ein intensives Training, zu dem auch die Orientierung am Arbeitsplatz gehört.

Empfehlung: Je nach Grad der Förderbedarfe: Wohnunterbringung mit Sozialpädagogischer Unterstützung sowie Mobilitätstraining, Training in lebenspraktischen Fertigkeiten/Alltagstechniken, Hilfsmittelberatung- und Mobilitätscheck. Bei einer kürzlich eingetretenen Erblindung oder starken Sehverschlechterung kann eine blindentechnische Grundausbildung/Qualifizierung notwendig sein.


Notwendigkeit einer Blindenspezifische Grundqualifizierung/Ausbildung (BTG)?

Die BTG dient zum Erlernen von Hilfsmitteln, beispielsweise Blindenschrift, Bedienung eines Computers ohne Maus, etc. Wichtig hierbei ist die Wiedereingliederung in den Beruf. Dies bedeutet Klärung, welche Tätigkeiten mit welchen Hilfsmitteln noch ausgeführt werden können und, ob Hilfsmittel auf den Arbeitsplatz integrierbar und eine Koordination potentieller Anpassungen der Hilfsmittelsoftware und Nachschulungen nötig sind. Die Bewältigung des Alltages, durch blindenspezifische Techniken und der Schulung der Mobilität. Die Schulung von Arbeitgeber und Kollegen hinsichtlich der Sehbehinderung kann zur Arbeitsplatzerhaltung beitragen. Ziel ist es, dass die Betroffenen Experten ihrer Hilfsmittel sowie ihrer Behinderung werden. Dabei ist ein ganzheitlicher Ansatz notwendig, welcher den privaten und beruflichen Bereich einbezieht.


Schritt 3: Hilfsmittel

Wichtig ist ein Gespräch mit den Betroffenen über ihre Arbeitsplatzausstattung. Kennen die Betroffenen Hilfsmittel? Hatten sie bereits eine Hilfsmittelberatung? Wie alt sind diese Hilfsmittel? Fühlen sich die Betroffenen in der Anwendung dieser Hilfsmittel kompetent und sicher? Näheres hierzu unter dem Punkt Hilfsmittel.

Empfehlung: Hilfsmittelberatung und -anpassung


Schritt 4: Berufliche Situation

Ist der Arbeitsplatz oder die Ausbildung durch die Sehbehinderung gefährdet? Die betroffene Person hat einen Arbeitsplatz. Sie ist jedoch im Moment durch einen Unfall, eine Erkrankung oder eine Verschlechterung der Sehfähigkeit nicht in der Lage, die anfallenden Tätigkeiten zu bewältigen. Es bedarf gegebenenfalls einer Klärung, ob eine Wiedereingliederung in den Betrieb möglich ist. Über welche Ressourcen, Stärken und fachliche Kenntnisse verfügt die betroffene Person?

Empfehlung: Blindenspezifische Grundqualifizierung/Ausbildung (BTG), Assessment


Ist die betroffene Person auf der Suche nach einem Arbeitsplatz?

Wichtig ist hierbei, die Gründe für die Arbeitslosigkeit zu erfassen und ressourcenorientiert zu beraten.

Die Betroffenen können wie andere Arbeitsuchende auch, vielfältige Gründe für ihre Arbeitslosigkeit haben. Es ist wichtig, speziell blindenspezifische Schwierigkeiten abzuklären: Hilfsmittelkompetenz? Mobilitätseinschränkung? Berufsorientierung? Soziale Schwierigkeiten durch die Sehbehinderung? Veraltete fachliche Kenntnisse? Dabei ist es relevant, gleichzeitig Stärken, Wünsche und vorhandene fachliche Kenntnisse der Betroffenen zu berücksichtigen.

Empfehlung: Jobcoaching, Qualifizierungsmaßnahmen, BTG, Assessment, Arbeitserprobung


Berufsorientierungsphase (Ausbildung/Umschulung)?

Ist für Betroffene beruflich eine (Neu-)Orientierung nötig, kann ein kostenloses Erstgespräch in einem Berufsförderungswerk hilfreich sein. Zur Situationsklärung und als Grundlage für das Erstellen eines Qualifizierungsplanes kann die Möglichkeit der Arbeitserprobung/Assessment genutzt werden.

Empfehlung: Assessments/Arbeitserprobung und ggf. Vorförderung.


Assessment

Das Assessment besteht aus mehreren Bausteinen, die dem Ziel dienen, den Betroffenen zu einer erfolgsversprechenden beruflichen Neuorientierung zu verhelfen. Das Assessment orientiert sich individuell an den Bedürfnissen der Betroffenen. Die bisherige Berufsbiografie, erworbenen Erfahrungen, Kenntnisse und Fertigkeiten stellen dabei wichtige Faktoren dar. Praktische Erprobung und Diagnostik sind Bestandteil des Assessments. Am Ende des modularen Assessments steht eine Empfehlung, welche konkrete Maßnahmen zur beruflichen Weiterentwicklung nötig sind. Die Leistungsträger erhalten eine schriftliche Empfehlung über die Möglichkeiten der beruflichen Qualifizierung oder Rehabilitation. In einem Abschlussgespräch werden die Betroffenen über die Ergebnisse informiert.


Vorförderung

Eine Vorförderung kann bei Betroffenen hilfreich sein, die hinsichtlich ihres Berufswunsches noch nicht ganz gefestigt sind, Grundlagenkenntnisse wieder auffrischen müssen, nach längere Arbeitslosigkeit, um eine Tagesstruktur wieder aufzubauen sowie das Lernen wieder zu erlernen oder um die notwendige Routine und Arbeitstempo im Umgang mit den Hilfsmitteln zu erhalten, um beispielsweise eine Umschulung bewältigen zu können.


Schritt 5: Beginn einer Ausbildung, Umschulung oder Unterstützung durch Qualifizierungsmaßnahmen

Ein Beispiel hierfür ist das Projekt AKTILA, siehe Idealverlauf der beruflichen Integration